Heute brechen einige Pilger schon sehr früh und sehr leise auf. Aber zum Aufwecken reicht das leise Geraschel. Dann schrillt ein Wecker. Ich koche mir meinen Kaffee und frühstücke aus dem Picknickbeutel. Schon um 7:30 Uhr bin ich auf dem Weg. An der Stelle, wo es zur Abkürzung geht, zögere ich. Doch es regnet und die Abkürzung ist auch mit gelben Pfeilen markiert, also entscheide ich mich für diese Route. Das Wechselspiel zwischen Regen und Sonnenschein setzt sich auch heute fort. Kurz vor Castro-Urdiales ist der Weg gesperrt. Ich finde einen Umweg. Bisher war ich heute ganz für mich alleine unterwegs. Jetzt läuft ein junger spanischer Pilger auf Sichtweite mal vor, mal hinter mir. Castro-Urdiales wäre ohne die Abkürzung das Etappenziel gewesen. So decke ich mich hier nur mit Früchten, Brot und Käse ein und ziehe weiter.
In Islares, nur knapp zwei Stunden weiter, soll es auch eine kleine Herberge geben.
In Cerdigo treffe ich auf Katrin, einer jungen Pilgerin. Es ergibt sich, dass wir zusammen weitergehen. Nach einem Kaffeestopp wissen wir auch gegenseitig mehr voneinander. Doch es gibt halt Dinge, die nicht im Tagebuch landen. Die Herberge von Islares erreichen wir recht früh und auch eine Jugendgruppe aus Süddeutschland ist schon dort. Für uns ist kein Bett mehr frei. Also beschließen wir, abgesichert durch einen Anruf, bis Guriezo weiterzugehen. In einer Bar können wir den Schlüssel der Herberge abholen. Wir sind um 16:30 Uhr noch die einzigen Pilger in dem 14-Betten-Haus. Die Duschen sind leider kalt. Erst nachdem wir fertig geduscht haben, entdecke ich den Schalter für den Warmwasserboiler. Katrin hat bei ihren Pilgervorbereitungen gelesen, dass ein echter Pilger nur ein Stück Kernseife für die Körperpflege mit sich trägt. Sie hat tapfer mit kaltem Wasser und der Kernseife ihre langen Haare gewaschen. Vor der Herberge gibt es einen überdachten Essplatz. Doch es ist recht kühl. Mal sehen, ob ich zum Abendessen nicht doch Lust auf ein Bocadillo in der gut geheizten Bar habe. Aber bis dahin sind ja noch ein paar Stunden Zeit. Der Stepcounter zeigt 27,4 Kilometer an. In der Bar gibt es nur Bocadillos, aber die sind für das Abendessen ausreichend. Außerdem wird mit einem kleinen Kanonenofen reichlich eingeheizt. Wir schaffen es zunächst, den Fernseher auszuschalten. Als dann die gebrechliche Mutter der Wirtin kommt, wird der dann doch wieder angeschaltet. Früh geht es zu Bett. Wir haben uns die am weitesten entfernten Betten ausgesucht, denn Katrin schläft gerne am Fenster und ich gerne an der Tür. Unsere Sachen sind über den ganzen Schlafsaal verteilt und trocknen hoffentlich bis morgen früh.