Das Tütenrascheln beginnt erst um 7:00 Uhr, denn Frühstück gibt es erst um 7:30 Uhr. Im Frühstücksraum wird deutlich, wie voll die Herberge ist. Viele Jugendliche sitzen hier. Ich frühstücke ausgiebig und lasse mir Zeit. Die Etappe soll nur 21 Kilometer lang sein. Bis zu der Pension auch nur 26 Kilometer. Es geht wieder bergauf und bergab, so, wie es eine Steilküste mit sich bringt. Ab und zu ein anderer Pilger, perfektes Sprachengemisch. In Orio treffe ich zwei Südtiroler wieder. Auf einem Picknickplatz, auf dem ein Spanier für seine Familie grillt, machen wir zusammen Pause. Sie gehen früher als ich weiter. Vor Zarautz sitzen sie auf einer Bank und machen Pläne. Das hier ist zwar der Zielort, den Cordula Rabe vorschlägt, doch uns dreien kribbeln noch die Füße. Ich bin schneller als sie, doch bei einer Pause vor Getaria holen sie mich wieder ein. Erneutes Planen, bis wohin es heute gehen soll. Der Pilgerführer ist etwas ungenau, Diagramm und Karte passen nicht zueinander. Ich werfe in die Runde, dass mein Stepcounter 22 Kilometer bisher für heute angibt und es laut Flyer in der letzten Herberge von dort 26 Kilometer bis zu der Pension in Askizu sein sollen, ich also noch eine Stunde weitergehen werde. Es passt, in einem Dorf, in dem die Hunde begraben sind, finden wir die Pension. Mein Spielzeug war heute erstaunlicher Weise von Nutzen. Das Pflichtprogramm ist schnell erledigt. Abendessen gibt es um 19:30 Uhr. Mein Luxus heute ist ein Einzelzimmer. Ich nehme mir zwei Stühle aus der Taberna und setze mich damit in die Sonne. Die Füße hochgelegt lasse ich die Gedanken schweifen. Heute schwappen berufliche Episoden, die ich als längst abgeschlossen und verarbeitet hielt, durch meinen Sinn. Alter Kram, probiere ich mich selbst zurecht zu weisen.
Über das Einzelzimmer habe ich mich zu früh gefreut. Ein Franzose bekommt das freie Bett. Doch so ist es immer noch Luxus gegenüber der Herberge und es kostet pro Nacht nur 1,75 Euro mehr als die Jugendherberge letzte Nacht. Das Abendessen besteht aus einem leckeren Dreigangmenü mit Fisch, wie soll es am Meer anders sein. Danach beginne ich zusammen mit den Südtirolern die Planung für morgen. Es steht entweder eine kurze Etappe von 14 Kilometern oder eine lange von 40 Kilometern an. Der Wetterbericht spricht mit, es soll morgen regnen. Also entscheiden wir uns für die lange Variante, denn was soll man an einem Regentag in der Herberge machen.
Die Südtiroler kennen sich schon seit der Kindheit und waren auch zusammen beim italienischen Militär. Beim Einchecken in die Pension mussten sie ihre Pässe vorlegen. Das ist immer ein Moment der Qual für sie, weil sie Italien als Heimatland angeben müssen.
Very good URA
Karte meines zweiten Pilgertages auf dem Camino del Norte von San Sebastian nach Askizu, Hostal Agote Haundi